Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

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Wintervogelzählung an der Eder

Das seit 25 Jahren bestehende Projekt ist deutschlandweit einzigartig und liefert wichtige Erkenntnisse für die Artenvielfalt.

Ein einmaliges ornithologisches Gemeinschaftsprojekt hat in diesem Winter 25jähriges Jubiläum. An jeweils zwei Stichtagen zählen zeitgleich rund 50 Vogelkundler alle Vögel entlang der gesamten hessischen Eder. Stefan Stübing, Vogelexperte der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), sagt: "Es gibt in Deutschland kein vergleichbares Projekt." Die Ergebnisse der Zählung werden alljährlich in den Vogelkundlichen Heften Edertal veröffentlicht. "In jedem Winter gibt es immer wieder spannende Ergebnisse", betont Gerhard Kalden (Frankenberg), einer der Koordinatoren des Projekts.

Wir begleiten beim ersten Zähltermin Anfang Januar Herbert Niem (Bad Wildungen), der den Ederabschnitt zwischen Bergheim und Wellen kontrolliert. Bei bedecktem Himmel fällt zum Teil dünner Schneeregen, es weht ein schwacher Nordwind und die Eder führt mit vier Kubikmetern relativ wenig Wasser. Auf fünf Flusskilometern zählt der Ornithologe entlang des Flusses aber auch - soweit einsehbar - in der Talaue 46 Vogelarten. Entlang der gesamten hessischen Eder beträgt die Artenzahl bei dieser Zählung 76. Das zeigt schon: Wenn man ein vollständiges Bild von dem Winterbestand entlang des Flusses gewinnen will, kann in Teilabschnitt zu Fehleinschätzungen führen. Dafür einige Beispiele: Herbert Niem beobachtet zwei Eisvögel. Das sind bei dieser Zählung die einzigen an der unteren Eder im Kreis Waldeck-Frankenberg. Bei dem Vergleichstermin im vorigen Winter waren es elf. Das Gesamtergebnis entlang der hessischen Eder ergab aber 24 Exemplare der "fliegenden Edelsteine", im langjährigen Vergleich durchaus in guter Wert.
Die Wasseramsel war beim Vergleichstermin mit fünf Exemplaren vertreten. Bei dieser Zählung fehlt sie an der unteren Eder des Kreisgebietes ganz. An der oberen Eder, schwerpunktmäßig im Bereich Hatzfeld, wurden aber 23 Exemplare gezählt. Dort hat die Eder eher Bergbachcharakter, der typische Lebensraum der Wasseramsel. Sie ist der einzige Singvogel, der seine Nahrung, vor allem Wasserinsekten tauchend erbeutet.
Mit drei Exemplaren ist eine andere Bergbach-Vogelart, die Gebirgsstelze, an der Eder zwischen Bergheim und Wellen relativ gut vertreten, an der unteren Eder des Kreisgebietes sind es sechs Exemplare und entlang der gesamten hessischen Eder 16. Durchaus ein bemerkenswertes Ergebnis, denn wie Ringfunde aus dem Kreisgebiet belegen, überwintert diese Art meist in Südeuropa.

Bei einigen Arten ist die langjährige Bestandsentwicklung interessant. Als Beispiel sei der Zwergtaucher erwähnt, der in den Ederdörfern auch "Duckhühnchen" genannt wird. Von ihm entdeckt Herbert Niem nur zwei Exemplare. An der gesamten unteren Eder sind es 45, nur einer an der oberen Eder. Bei einigen Zählungen in früheren Jahren waren es über 100, maximal sogar 144. Hier spiegelt sich ein hessenweit schlechtes Brutergebnis wider.

Positive Werte bei Amseln, Meisen und Rotkehlchen

Hervorzuheben ist auch die Situation der Amsel, die jüngst in Teilen Deutschlands von einem Virus betroffen war. Zwischen Bergheim und Wellen zählt Niem 29 Exemplare. Für die gesamte hessische Eder sind es 391; die Vergleichszählung im vorigen Winter betrug 264. Auch bei der Wintervogelzählung 2021 des NABU hatte Amsel einen deutlichen Zuwachs zu verzeichnen. Während Kohl- und Blaumeisen sich an Fütterungen in den Ortschaften rar machen, sind sie in dem Ufergehölz der Eder mit jeweils über 400 Tieren gut vertreten. Dieser Wert entspricht dem des Vorjahres. Das bis zum Zähltermin recht milde Winterwetter bedingte auch eine relativ große Zahl von Rotkehlchen: Allein 19 zwischen Bergheim und Wega und insgesamt 126 an der hessischen Eder.

Wolfgang Lübcke (AK Waldeck-Frankenberg)