Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

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Zugstau

Seltene Vögel müssen im Nebel rasten

Das letzte Wochenende (19./20.11.) hatte für die hessischen Vogelbeobachter*innen sehr viele seltene Vogelarten zu bieten. Mit Schwerpunkt in der südlichen Landeshälfte wurden z.B. ein Trupp von 4 Ohrentauchern auf dem Langener Waldsee, 5 Samtenten an drei Gewässern, 33 Brandgänse an 5 Orten, 416 Goldregenpfeifer in 9 Gebieten, viele Kiebitze und mehrere Waldschnepfen in Ortsrandlagen und Streuobstwiesen entdeckt. Die Enten, Gänse und Schwäne waren mit insgesamt 27 Arten außerordentlich zahlreich vertreten. Besonders bemerkenswert waren, neben den schon genannten Arten, eine jahreszeitlich sehr späte Knäkente an der Weser und eine Ansammlung von 300 Schnatter-, 112 Löffel-, 22 Spieß- sowie 50 Pfeif- und 150 Krickenten, zusammen mit Brandgänsen, einer Samtente, 2 Schellenten, Sturm- und Lachmöwen sowie einem stark verspäteten Grünschenkel auf den Knappenseen in der nördlichen Wetterau.

Kranichzug

Sehr vielen Naturbegeisterten wird das Wochenende aber vor allem wegen des starken Kranichzuges in Erinnerung bleiben. Dabei verlief die Zugrichtung der Vögel auffallend nach Süden verschoben, so dass überall im Raum Frankfurt, Wiesbaden, aber auch über Darmstadt bis in den Odenwald und das Rheintal bei Lorsch, wo sonst meist kaum Kraniche ziehen, zahlreiche große Formationen zu sehen waren. Mindestens 4.000 Kraniche übernachteten sogar in verschiedenen Gebieten im südlichen Hessen, darunter 2.000 bei Lorsch, 500 am Reinheimer Teich, 256 auf der Mariannenaue im Rhein und 418 im Mönchbruch.

Regenfälle und schlechte Sicht

Was war die Ursache für dieses eindrucksvolle Rastgeschehen so vieler Arten? Am Abend des vergangenen Freitags traf eine aus Nordosten kommende Kaltfront im mittleren Hessen auf Warmluft aus dem Südwesten. In Hessen und weiten Teilen Südwestdeutschlands waren starke Regenfälle und anschließend verbreitete Nebelbildung die Folge, während in Nordostdeutschland leichte Schneefälle, deutlicher Frost und vielfach blauer Himmel winterliches Flair brachten. Für zahlreiche Zugvögel im Nordosten waren Kälte und gute Sichtbedingungen das Signal zum Zug in die Winterquartiere. Durch die Nebellagen war die Sicht ab dem mittleren Hessen jedoch so schlecht, dass viele Trupps zur Rast einfallen mussten. Eine ausgeprägte Winterflucht endete damit abrupt in einem ebenso auffallenden Zugstau, der sich erst mit der Wetterbesserung am Montag und Dienstag auflöste, als die Zugvögel bei wieder guten Sichtbedingungen weiterziehen konnten.