Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

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Hochwasserschutz im Lossetal auf Kosten der Natur

BUND, HGON-Arbeitskreis Kassel und NABU sehen Mängel bei der Umsetzung technischen Hochwasserschutzes im Lossetal durch das Hochwasserrückhaltebecken bei Helsa

Die örtlich tätigen Naturschutz- und Umweltverbände BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland – OV Kaufungen), HGON (Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz – Arbeitskreis Kassel) und der Naturschutzbund (NABU – Gruppe Kaufungen/Lohfelden) sehen nach Vorliegen des Planfeststellungsbeschlusses für das Hochwasserrückhaltebecken bei Helsa weiterhin große Mängel am Vorhaben und im Verfahren, werden jedoch von einer Klage gegen das Vorhaben absehen.

 

Nach der beauftragten Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses durch die bundesweit tätige Rechtsanwaltskanzlei PNT-Partner, Frankfurt, und interner fachlicher Abwägung sehen die Verbände von weiteren rechtlichen Schritten gegen die Planung ab. Sie wenden sich damit nicht gegen den notwendigen Hochwasserschutz im Lossetal, kritisieren jedoch, dass es bei der gewählten zentralen Variante des technischen Hochwasserschutzes zu einer starken Beanspruchung von Natur und umweltrelevanten Schutzgütern kommt. Dabei wurden in der Planung alternative Varianten des dezentralen naturbasierten Hochwasserschutzes (z. B. Anlage von Flutmulden, umfassende Fließgewässerrenaturierungen) nicht flankierend herangezogen, um beispielsweise die Dimension des Hochwasserrückhaltebeckens zu reduzieren. Zudem geschieht die Errichtung des Hochwasserrückhaltebeckens in einem sehr naturnahen Abschnitt der Losse, dessen Naturausstattung mit seltenen Arten und vielen gesetzlich geschützten Biotopen eigentlich die Ausweisung eines Naturschutzgebietes erlauben würde.

 

Unzufriedenheit mit dem Planungsverfahren

Unzufriedenheit über die Planung und das Planungsverfahren besteht bei den Verbänden weiterhin. Im Verfahren wurden viele vorgebrachte Einwände nicht berücksichtigt, in den Erörterungsterminen nicht besprochen und die Nichtberücksichtigung nicht begründet. Die schnelle Ausfertigung des Planfeststellungsbeschlusses ohne Berücksichtigung der berechtigten Einwände deutet darauf hin, dass in dieser Planung mehr Wert auf Schnelligkeit der Genehmigung als auf die Beachtung der Umweltauswirkungen des Vorhabens gelegt wurde. Viele vorgebrachte strittige Punkte wurden in die Ausführungsplanung geschoben und dadurch der Beteiligung der Naturschutzverbände entzogen.

 

Bestehende Defizite bei der Planung

Die Naturschutzverbände sehen weiterhin große inhaltliche Defizite in der Planung. Die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff in die Natur wurden nach ihrer Ansicht viel zu optimistisch bewertet. Hier wird es in wenigen Jahren Nachbesserungen geben müssen. Für die geschützte Tagfalterart Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling soll eine Fläche als Ausgleichsmaßnahme hergerichtet werden, die schon längst von diesem besiedelt ist. Dies ist rechtlich fragwürdig. Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes wird in keiner Weise ausgeglichen, und auf das Vorkommen des Bibers im direkten Baubereich musste die HGON erst aufmerksam machen. Die Art wird in der Planung bisher überhaupt nicht berücksichtigt.

 

Die Verbände hätten sich gewünscht, dass die naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen parallel gleich mit für den Hochwasserschutz genutzt werden. Die Verlangsamung des Regenwasserabflusses von Äckern lässt sich beispielsweise gut mit der Herstellung von blütenreichen Randstreifen verbinden. Die Renaturierung von Bachabschnitten ist zudem erwiesenermaßen eine effektive Hochwasserschutzmaßnahme.

 

„Wenn die strittigen Punkte jetzt in die Ausführungsplanung des Vorhabens geschoben werden, bleibt uns nichts anderes übrig, als den weiteren Bauprozess konsequent kritisch und konstruktiv zu begleiten. Wir werden uns sehr genau anschauen, was da passiert.“, so die Vertreter*innen der Verbände, und betonen aber, „wir sind weiter gesprächsbereit“.

 

Der Wasserverband Losse als Vorhabenträger und die beteiligten Dezernate beim Regierungspräsidium Kassel kennen die Probleme am Standort Helsa seit über 30 Jahren. Zeit genug also, um nach naturverträglichen Lösungen zu suchen, die die Balance zwischen den Belangen des Naturschutzes und den Ansprüchen des Hochwasserschutzes wahren. Diese Chance sehen die Verbände zumindest an diesem Standort als vertan an.

 

 

Rückfragen

BUND – OV Kaufungen: Manfred Ellenberger, Sprecher des BUND Kaufungen | 05606 7935 | kaufungen(at)bund-kassel.de

HGON – Arbeitskreis Kassel: Dr. Nils Stanik, Arbeitskreisleiter | 06008 1803 | kassel(at)hgon.de

NABU – Gruppe Kaufungen/Lohfelden: Martin Lange, 1. Vorsitzender | 05605 5842 | nabu.lange(at)hotmail.com

 

 

i.A. für die Verbände

Dr. Nils Stanik