Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

Entdecken Störche sind im Werra-Meißner-Kreis endgültig angekommen!

Vögel 

Störche sind im Werra-Meißner-Kreis endgültig angekommen!

72 "Adebare" konnten im Jahr 2021 gezählt werden.

Wir erinnern uns an das Jahr 2020. Die Freude war groß im Werra-Meißner-Kreis. Denn nun war auch der Werra-Meißner-Kreis erfolgreich in die Weißstorch-Brutliga in Hessen aufgestiegen. Nach über 20 Jahren hatte wieder ein Storchenpaar zwischen Werra und Meißner gebrütet und war erfolgreich mit drei ausgeflogenen Jungen. Wer aber jetzt glaubte, es war einmalig, der wurde eines Besseren belehrt.

Das Storchenjahr 2021 im Werra-Meißner-Kreis

Das Storchenjahr 2021 begann sehr früh durch die Sichtung eines Storchenmännchens am 11. März in der Nähe des Werratalsees. Das Männchen hatte zwischenzeitlich eine Frau gefunden (Bild 1) und so wurden am 5. April gleich zwei Paare über dem „Steinernen Haus“ in Schwebda gesichtet, von denen die Männer sich verbitterte Kämpfe um den Horst lieferten. Erst belegte ein beringtes Paar den Horst hat aber nach weiteren Horstkämpfen nach wenigen Tagen das Nest wieder verlassen. Fotos vom 15. April zeigten eindeutig, dass das neu eingezogene Paar nicht beringt und somit wahrscheinlich das Paar vom letzten Jahr war, denn Störche sind standorttreu (Bilder 2 und 3).
Das typische Aprilwetter mit Minusgraden in der Nacht und wenig Sonnenschein am Tag waren kein guter Start für eine Familiengründung. Ab dem 20. April konnte man aber am Verhalten der beiden Storcheneltern sehen, dass sie wechselnd mit der Bebrütung der Eier begonnen hatten.
Bis Ende Mai haben beide Altvögel in Schwebda abwechselnd gebrütet. Beide kümmerten sich während der Brutzeit liebevoll um die Eier, um sie wohl zu temperieren, zu schützen und zu belüften. Große Freude herrschte am 12. Juni in Nesselröden (Bild 4). Nach mehr als 70 Jahren hat sich ein Storchenpaar auf einer Nisthilfe, die auf dem Ast einer Pappel angebracht ist, niedergelassen. Ob die zwei wussten, was 1945 in Herleshausen und Umgebung geschah? Hier wurde das letzte bewohnte Nest am Ende des Zweiten Weltkriegs von Amerikanern vom Dach des Landgrafenschlosses geschossen. Das muss sich rumgesprochen haben, denn seither mieden die Störche diese Gegend. Nach der Freude am 12. Juni folgte am 18. Juni große Trauer in Nesselröden (Bild 5). Die Storchenmutter hatte ihren Horst mit zwei nicht ausgebrüteten Eiern verlassen und das Brüten eingestellt. Sehr wahrscheinlich waren die Eier nicht befruchtet. Störche spüren das und irgendwann nimmt der Bruttrieb ab.

An diesem Tag folgte eine zweite Hiobsbotschaft. Mir wurde mitgeteilt, dass am Fuß des „Steinernen Hauses“ ein geschlüpftes totes Küken gefunden wurde. Wahrscheinlich hat die Mutter ihr Junges aus Nahrungsmangel lebend aus dem Nest geworfen (Kronismus). In Zeiten der Futterknappheit ist es Praxis, dass Störche das letztgeschlüpfte, schwächlichen Küken aus dem Nest werfen, um das Überleben der älteren, stärkeren und gesunden Jungen zu sichern.
Auf einem Flutlichtmast in Frankershausen wurde am 16.6. ein unberingter Storch beobachtet (Bild 6) und am 18. wurden am Himmel über Willershausen 9 Störche gesichtet (Bild 7). Wie schon erwähnt war es unmöglich, durch den erhöhten Horst in Schwebda etwas von der Brut und dem Schlüpfen mitzubekommen, geschweige ein Foto zu machen. Erstmals zeigten sich 3 Jungstörche am 20.6. zwischen den Beinen der Mutter (Bild 8).
Am 24. Juni war die Freude getrübt, denn es befanden sich nur noch zwei Nesthocker im Nest (Bild 9). Ein Unwetter mit Starkregen am 28.6. mit 29 l/m² war grausam für die 2 Jungvögel auf dem Horst. Für ihre Eltern war für die nächsten Tage, die teilweise unter Wasser stehende Pferdekoppel eine nahe liegende Nahrungsquelle mit vielen Regenwürmern (Bild 10). Das Wetter der letzten Mai-Wochen war zum Heranwachsen alles andere als optimal. Jedoch am sonnigen Morgen des 6. Juli schauten die zwei das 1. Mal für ein Foto über den Horst-Rand (Bild 11).
Den ganzen Juli über waren die beiden Jungvögel mit Fressen, das ihnen die Mutter brachte und Flugübungen beschäftigt. Am 1. August 2021 startete der Ältere zu seinem ersten Flug (Bild 12). Nachdem der Zweitgeschlüpfte auch seinen Jungfernflug absolviert hatte, sah ich die beiden am 8. August zum letzten Mal gemeinsam auf der Pferdekoppel beim Fressen (Bild 13).
Damit war wieder ein erfolgreiches Storchenjahr 2021 in Schwebda zu Ende gegangen.

Neue Nistmöglichkeiten

Für die große Anzahl gesichteter Störche haben sich Storchenfreunde im Werra-Meißner-Kreis ein Ziel gesetzt, im Jahr 2021 und 2022 Storchenhorste aufzustellen. Der HGON-AK Werra-Meißner hat noch im Oktober 2020 in Wanfried ein Nest auf dem Dach der „Schlagdscheune“ errichtet (Bild 14). Im August 2021 begann er mit der Planung eines Storchenhorstes in der Nähe von Wommen. Die Klärung der Besitzverhältnisse des Standorts ziehen sich hin und der Mast kann erst Anfang 2022 errichtet werden.
Der Geo-Naturpark Frau-Holle-Land hat in 2020 im Naturschutzgebiet „Freudental“ bei Ermschwerd einen Holzmast mit Nest errichtet (Bild 15).
Weitere sind in diesem Jahr bei Kleinvach und im Naturschutzgebiet „Frankenloch“ bei Heldra geplant. Der Geo-Naturpark Frau-Holle-Land ist für die Planung zuständig und die Aufstellung übernimmt die EAM.
Der Bürgermeister aus Meinhard, eine Gemeinde mit 7 Teilorten hat vor, in den vier an der Werra liegenden Orten Jestädt, Grebendorf, Schwebda und Frieda je ein Storchennest anzubringen. Das erste wurde am 8 August 2021 (Bild 16) in Grebendorf auf dem Rathausdach aufgesetzt.

In Gedenken

Wenn alle geplanten Projekte ihrer Bestimmung übergeben wurden, kann der Werra-Meißner-Kreis den aus dem Süden zurückkommenden Weißstörchen 12 Nistplätze anbieten.
Herr Brauneis und Herr Voss vom NABU haben in den letzten Jahrzehnten bei 19 Storchenhorsten mit Hand angelegt. Als Herr Brauneis, Herr Voss und ich uns am 23. Oktober 2020 in Wanfried verabschiedeten, versprachen wir uns, bei der 20. Horstaufstellung anwesend zu sein. Aber leider sollte es dazu nicht mehr kommen, denn HGON-Arbeitskreisleiter Wolfram Brauneis hat uns am 25. März 2021 für immer verlassen. Der geplante Storchenhorst in Wommen bekommt auf jeden Fall die Nummer 20 und wird Wolfram Brauneis gewidmet.
Die Mitglieder des Arbeitskreises Werra-Meißner im HGON wollen mit diesem Horst ihrem langjährigen Arbeitskreisvorsitzenden gedenken.

Rolf Semmelrodt
Kommissarischer Storchenbeauftragter des HGON-AK Werra-Meißner

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