Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

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Ornitho  Vögel 

"Tag der Adler"

Der vergangene Samstag bot vielen Vogelbeobachter*innen spannende Beobachtungen aus der Welt der Greife und Falken.

Samstag war zwar nicht wirklich ein offizieller Ehrentag, doch bei den vielen tollen Beobachtungen hätte man meinen können, dass es einer sein müsste! Insgesamt 15 verschiedene Greifvogel- und Falkenarten konnten am 17.04. in ganz Hessen beobachtet werden. Mit dabei: drei besondere Adlerarten.

Schlangenadler und Seeadler in Nordhessen

Im NSG „Rhäden von Obersuhl“ konnte ein Schlangenadler beobachtet werden. Das eigentlich in Süd- und Osteuropa beheimatete Tier kreiste gemeinsam mit Rotmilan und Kolkrabe über dem Gebiet. Der ebenfalls zu dem Zeitpunkt anwesende vorjährige Seeadler war aber wohl keine willkommene Gesellschaft. So konnte ornitho-Melderin Alexandra Stremke mehrfach beobachten, wie der Schlangenadler den Seeadler attackierte.

Mehr Infos zum Schlangenadler in Hessen findet ihr in unserem Beitrag vom Kühkopf aus dem Jahre 2020.

Schelladler in Südhessen

Eine noch weitaus bemerkenswertere Beobachtung gelang allerdings im Odenwald. Dort saß am Samstag HGON-Mitglied Georg Schneider auf seiner Terrasse in Brensbach, als ihm ein ungewöhnlicher Greifvogel auffiel. Schnell lief er ins Haus, um mit dem Fernglas einen besseren Blick auf das Tier erhaschen zu können. Und beim genauen Hinsehen wurde klar, dass er etwas Besonderes vor sich hatte. Das beobachtete Tier erinnerte ihn an die Schrei- und Schelladler, die er von vergangenen HGON-Reisen nach Polen zur Vogelbeobachtung kannte. Doch da die Unterscheidung der beiden Arten nicht ganz einfach und eine solche Beobachtung für Hessen außergewöhnlich ist, lief er sogleich erneut ins Haus, um eine Kamera zu holen und das Tier fotografisch festzuhalten. Glück gehabt, Georg Schneider gelangen noch rechtzeitig einige Belegfotos, bevor das Tier aus seinem Blickfeld verschwand.

Die Fotos sind entsprechend der Lichtverhältnisse zwar nicht optimal, doch kann man mit Sicherheit sagen, dass es sich bei der Beobachtung um einen Schelladler oder einen Schelladler-Hybriden handeln muss. Bislang wurden in Hessen zwar schon mehrfach mögliche Schell-/Schreiadler beobachtet, doch angesichts der großen Ähnlichkeit der beiden Arten kann keine dieser Meldungen als mit letzter Sicherheit bestimmt gelten. Doch dank des Belegfotos bei dieser aktuellen Beobachtung in Brensbach kann der sehr ähnliche Schreiadler eindeutig ausgeschlossen werden. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal der beiden Arten stellt die 7. Handschwinge dar. Diese ist bei den Schelladlern sehr lang, in etwa so lang wie die 6. Handschwinge, bei Schreiadlern hingegen auffallend kurz. Da in der Vergangenheit jedoch häufig Hybridisierungen zwischen diesen beiden Arten festgestellt werden konnten, ist dies im Fall des beobachteten Tieres allerdings nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen.
 

Erstnachweis eines Schelladlers in Hessen

Schelladler sind Brutvögel Osteuropas, wobei der Großteil des Weltbestandes in Russland brütet. In Hessen sind die seltenen Tiere also gar nicht Zuhause. Bei dem bisher ersten und einzigen nachgewiesenen Schelladler in Hessen handelt es sich um ein in Estland besendertes Tier mit Namen „Tõnn“.  Tõnn konnte 2008 erstmals bei uns lokalisiert werden. Bemerkenswert dabei ist, dass diese Nachweise ausschließlich dank seines Senders erfolgten, denn das Tier wurde kein einziges Mal im gesamten Bundesland beobachtet! Auch in folgenden Jahren konnte dank des GPS-Senders gezeigt werden, dass Tõnn unser Bundesland immer wieder unbemerkt durchquerte.

Der Schelladler ist ein Mittel- bis Langstreckenzieher und gehört wohl zu den seltensten Greifvogelarten weltweit. Das Überwinterungsgebiet umfasst die Subtropen und die Tropen von Südeuropa, Asien und Afrika. In Deutschland taucht die Art nur als seltener Gast auf, wobei sie vermutlich aufgrund der nicht ganz einfachen Bestimmung auch oft übersehen oder verwechselt wird. Schelladler erarbeiten sich mittlerweile zunehmend westlichere Überwinterungsgebiete, so hatte Tõnn sich beispielsweise Spanien zur Überwinterung ausgesucht.

Somit handelt es sich bei der Beobachtung von Georg Schneider wohl um die erste direkte Sichtung eines (vermutlichen) Schelladlers in Hessen überhaupt! Und wir sind bereits gespannt, ob in der Zukunft weitere Beobachtungen auf uns warten!

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