Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

Entdecken Wettbewerb oder soziales Miteinander?

Forschung  Vögel 

Wettbewerb oder soziales Miteinander?

Welche Faktoren motivieren Teilnehmer*innen des DDA-Birdrace?

321 Arten in 24 Stunden

Seit 2004 gibt es das Birdrace in Deutschland, welches vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) organisiert wird. Beim Birdrace versuchen ein- bis fünfköpfige Teams innerhalb eines Tages so viele Vogelarten wie möglich zu sehen oder zu hören. Erfasst wird in einem Gebiet, welches meist vorher definiert wird (z.B. ein bestimmter Landkreis oder eine einzelne Gemeinde). Laut DDA mag es zunächst skurril klingen, dass die Vogelbeobachtung als „sportlicher Wettbewerb“ ausgetragen wird. Doch hinter dem Birdrace verbirgt sich weitaus mehr als ein Wettkampf unter Ornis um die höchste Artenanzahl. So lassen sich mit Hilfe des Events, welches in der Regel großen medialen Anklang findet, viele Themen rund um die Ornithologie ins öffentliche Bewusstsein rücken. Darüber hinaus sammeln viele der Teams Spenden für ein vorher festgelegtes Projekt, beispielsweise über Sponsoren die einen bestimmten Betrag pro Art beisteuern. Ob jedoch nicht doch der ein oder andere Birdrace-Mitstreiter nur mitmacht, um an der Spitze der Ranking-Liste zu stehen, wurde nun in einer wissenschaftlichen Studie untersucht.

Online-Umfrage: Welche Aspekte motivieren zur Teilnahme am Birdrace?

Die Forscher*innen Randler und Großmann haben über eine anonyme Online-Umfrage ermittelt, welche Gründe zur Teilnahme an einem Event, wie dem Birdrace, motivieren. Die zugehörige Studie ist in der Fachzeitschrift „Current Research in Ecological and Social Psychology“ veröffentlicht.

Die Umfrage-Teilnehmer*innen wurden vor allem über regionale und lokale Organisationen, die sich mit Vogelschutz und Ornithologie befassen, gefunden. Insgesamt nahmen an der Umfrage 577 Personen teil, von welchen 178 mindestens einmal beim Birdrace mitgemacht hatten.

In der Online-Umfrage wurden verschiedene Faktoren und Aspekte abgefragt. Neben demographischen Daten (Alter, Geschlecht, etc.) waren dies sechs Motivationshintergründe. Diese wurden auf einer Skala von 1 bis 5 („stimme überhaupt nicht zu“ bis „stimme vollkommen zu“) von den Partizipierenden bewertet. Die Motivationshintergründe waren:

  • Vergnügen (Freude an der Natur / dem im Freien sein)
  • Losgelöstheit/Ablenkung (den täglichen Sorgen bei der Arbeit oder zu Hause entfliehen),
  • Naturschutz (Sammeln von Daten für Natur- und Artenschutzprojekte)
  • Wettbewerb/Leistung (möglichst viele Vogelarten sehen)
  • Soziale Motivation (soziales Miteinander)
  • Reputation (sich Respekt bei anderen verschaffen).

Auch wurden verschiedene Aspekte abgefragt, um einzuschätzen ob es sich bei den Teilnehmer*innen um „Orni-Neulinge“ oder „Experten“ handelt (Fähigkeit/Wissen, „birding specialization“).

Soziales Miteinander überwiegt Konkurrenzdenken

Während die Variable „Geschlecht“ keinen signifikanten Zusammenhang mit der Teilnahme am Birdrace zeigte, war dies beim Alter der Fall. Teilnehmer*innen am Birdrace waren deutlich jünger, nämlich im Durchschnitt 38 Jahre, als die anderen Befragten (durchschnittlich 54 Jahre).

In einem positiven Zusammenhang mit der Teilnahme am Birdrace standen der Faktor Fähigkeiten/Wissen, sowie die Motivationshintergründe soziales Miteinander und Reputation. Hier scheinen soziale Motive die Wettbewerbsmotive also zu überwiegen. Zudem ermittelten die Forscher*innen, dass Birdrace-Teilnehmer*innen auch häufiger bei anderen Monitoring- und Beringungsprogrammen, beispielsweise der Wasservogelzählung, mitmachen. Außerdem liefern sie durchschnittlich mehr Daten für Online-Erfassungsplattformen wie eBird oder ornitho. Laut Autoren betonen die Ergebnisse Ihrer Studie, dass Events, wie das Birdrace, bedeutend sind, um Menschen für die Vogelbeobachtung und generell Citizen-Science-Projekte zu begeistern und das Konkurrenzdenken hier bei den Teilnehmer*innen in den Hintergrund rückt. Vielleicht wollte ja auch ihr beim nächsten Birdrace mitmachen? Nähere Infos hierzu findet ihr hier.

Autorin: Yvonne Schumm