Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

WasservogelzählungVielfalt erfassen

Wasservogelzählung

Die Wasservogelzählung ist zugleich das älteste und das weltweit am weitesten verbreitete Monitoringprojekt.

Erste Erfassungen fanden schon 1947 in England statt, im Folgejahr gab es Zählungen in Deutschland. Weitgehend flächige Erfassungen erfolgen seit dem Winter 1966/67, vor allem Mitte Januar während des International Waterbird Census (IWC), an dem sich heute über 100 Länder beteiligen.

Weit über 10.000 Vogelbeobachtende erfassen dabei jährlich über 30 Millionen Wasservögel. Die Zählung konzentriert sich vor allem auf das Winterhalbjahr, weil sich die oft in den Weiten der arktischen Tundra brütenden Wasservögel dann in ihren Winterquartieren in den gemäßigten Breiten versammeln, wo sie viel besser erfasst werden können.

Datenerfassung in Hessen

In Hessen startete die kontinuierliche Datensammlung im Winterhalbjahr 1965/66. Mittlerweile werden in mehr als 100 Teilgebieten mit zum Teil mehreren Gewässern pro Winterhalbjahr zwischen 200.000 und 250.000 Wasservögel erfasst. Diese sehr gute Abdeckung und langjährige Datenreihe ermöglicht, auch durch den Vergleich mit den Ergebnissen der anderen Länder in Europa, sehr detaillierte Aussagen zur Bestandsgröße und Bestandsentwicklung der verschiedenen Arten.

Wasservögel zählen daher weltweit zu den Vogelarten, deren Bestände am besten bekannt sind. Selbst sogenannte Flyway-Populationen mit teils sehr unterschiedlichen Entwicklungen können unterschieden werden.

Bemerkenswerte Ergebnisse und Ursachen

Bemerkenswerte Ergebnisse aus Hessen sind beispielsweise die starke Zunahme der ehemals im Winter fast fehlenden Schnatterente auf nunmehr teils über 1.000 Individuen oder die Abnahme bei Reiherente und Gänsesäger.

Die drei Entwicklungen stehen direkt mit dem Klimawandel in Zusammenhang: Die zunehmend milderen Winter ermöglichen der Schnatterente eine erfolgreiche Überwinterung. Gleichzeitig überwintern Gänsesäger und Reiherente ihrerseits weiter nördlich, mit der Folge abnehmender Bestände in Hessen.

Durch die international abgestimmten Zählungen werden nicht nur solche Verlagerungen bemerkt, sondern auch alarmierende Trends. So hat sich der Bestand der Tafelente seit Beginn der 1980er Jahre von rund 500.000 Vögeln auf nur noch 250.000 Tiere halbiert, sodass die Art infolge der Zählungen mittlerweile sogar als „gefährdet“ auf der globalen Roten Liste der International Union for Conservation of Nature (IUCN) geführt wird.

Bundesweite Wasservogelzählung

Bundesweit und auch in Hessen wird die Wasservogelzählung an den wichtigsten Rastgewässern von September bis April jeweils am Sonntag, der dem 15. des Monats am nächsten liegt, durchgeführt. Ergänzende Zählungen, zum Beispiel zum Mauserbestand, finden auch während des Sommerhalbjahres statt.

Die HGON organisiert die Zählung in Hessen, stellt die Ergebnisse zusammen und leitet diese an den Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) weiter. Der DDA wiederum meldet die Zählungen aus den Bundesländern zusammengefasst an Wetlands International, wo auch die Ergebnisse aus den anderen Teilen der Welt zusammenfließen. Lediglich in Nordamerika gibt es eine eigenständige, unabhängige Erfassung der Wasservogelbestände. Interessierte können gerne an den Erfassungen teilnehmen und so selbst Routine bei der Bestimmung der Wasservögel entwickeln.