Streuobstwiesen – Hotspots der Artenvielfalt
HGON begrüßt Initiative des Hessischen Umweltministeriums zum Schutz der Streuobstwiesen.
Umweltministerin Priska Hinz stellte heute im Main-Taunus-Kreis Hessens erste Streuobstwiesenstrategie vor. Der Main-Taunus-Kreis erhält außerdem zusätzlich eine Förderung in Höhe von rund 478.000 Euro für die Errichtung eines landesweiten Streuobstwiesenzentrums.
Streuobstwiesen zeichnen sich durch eine besonders hohe Biodiversität aus. Allein 60 bis 70 Vogelarten brüten auf Streuobstwiesen, die meisten von ihnen sind akut gefährdet. Beispiele sind Wendehals, Grünspecht, Gartenrotschwanz, Neuntöter, Rebhuhn oder Steinkauz. Die Gesamtartenzahl in Streuobstgebieten liegt bei 3000 bis 5000 Arten. Die hohe Bedeutung der Streuobstwiesen zeigt sich vor allem auch für zahlreiche Insekten und Pflanzen.
Das Land Hessen hat jetzt dem Streuobstwiesenschutz einen besonderen Stellenwert eingeräumt und eine Strategie zum Erhalt dieses ökologisch wie kulturell bedeutenden Lebensraums vorgestellt. Die HGON begrüßt die heute vorgestellten Ansätze. Durch finanzielle Anreize und vielfältige Hilfsangebote das Interesse an den Streuobstwiesen wiederzuerwecken, ist der richtige Weg. Eine stärkere Wertschätzung der Streuobstflächen, Hilfen bei der Pflege der Bäume, Anreize für die Nachpflanzung, Unterstützung bei der Vermarktung des Obstes und Ansprechpartner zentral – vor allem aber dezentral in den Kreisen – sind nötig, um ein Gelingen der Strategie zu gewährleisten.
In der Zwischenzeit
Bis das Konzept greift, dürfen die vorhandenen Streuobstrelikte in vielen Teilen Hessens aber nicht vergessen werden. In dem Zusammenhang bleibt festzustellen, dass Streuobstbestände trotz des gesetzlichen Schutzes weiterhin durch Bauprojekte gefährdet sind. Möglich macht dies die Ausnahmeregelung des § 30 (3) BNatschG. Hiernach kann die Zerstörung eines eigentlich geschützten Streuobstgebiets auf Antrag zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden. Nach unseren Erfahrungen ist die Ausnahme eher die Regel.
Um dieses Schlupfloch einzudämmen, müssten den Unteren Naturschutzbehörden mehr Kriterien an die Hand gegeben werden. So dass eine Ausnahme auch eine Ausnahme bleibt.
Die HGON schlägt vor, eine entsprechende Regelung in das geplante neue Hessische Natur-schutzgesetz aufzunehmen. Streuobstbestände sind unverzichtbar für unsere Kulturlandschaft. Sie haben eine überragende Bedeutung für die Artenvielfalt, den Boden-, Gewässer- und Klimaschutz sowie für das Landschaftsbild und die Naherholung.
Die Streuobstwiesenstrategie
Der Erhalt und die Fortentwicklung dieses hessischen Kulturguts stehen und fallen mit dem Interesse der Nutzer an ihren Bäumen und dem Obst. Hier setzt die Streuobstwiesenstrategie des Landes unserer Ansicht nach an den richtigen Stellen an. Damit die Biodiversität und damit die Bedeutung der Streuobstwiesen für Steinkauz und Co. bei den verschiedenen Förderzielen und dem kommenden Prozess weiterhin im Fokus bleibt, müssen sich die geförderten Maßnahmen immer auch an den Artenschutzzielen orientieren. Beispielsweise sollte die Förderkulisse bei den Pflegemaßnahmen oder der Nachpflanzung zusätzliche Anreize für den längst möglichen Erhalt alter und damit ggf. unrentabler Bäume beinhalten. Der Erhalt solcher Strukturen ist die Voraussetzung dafür, dass mit der Streuobst-wiesenstrategie zugleich auch eine Biodiversitätsstrategie gelingt.
Insgesamt sehen wir ein großes Potenzial für die Streuobstwiesen und ihre Lebensgemeinschaften in Hessen. Die HGON wird die Strategie gerne unterstützen und ihren Beitrag dazu leisten.
Sie finden die Hessische Streubobstwiesenstrategie und das Handbuch Streuobstwiesen hier zum Download:
Hessische Streubobstwiesenstrategie
Rudolf Fippl - Stellvertretender Vorsitzender der HGON