Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

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Forschung  Vögel 

"Auswirkungen der Fütterung von Wasservögeln" Teil 2

Oliver Weirich (AK Wiesbaden und Rheingau-Taunus-Kreis) untersucht den Kenntnisstand zum Thema Wasservogel-Fütterung.

Der zweite Teil eines umfassenden Überblicks über die Auswirkungen der Wasservogel-Fütterung behandelt die Folgen für die Gesundheit der Wasservögel. Weit überwiegend werden Brot und ähnliche Backwaren verfüttert. Die Auswirkungen auf die Gesundheit wilder Wasservögel sind kaum erforscht. Erkenntnisse aus der Geflügelhaltung zeigen jedoch, dass Schäden möglich bzw. wahrscheinlich sind: Eine überwiegende Ernährung von Brot und Getreide führt zu einem Mangel an essenziellen Aminosäuren, Vitaminen, Mineralstoffen und Rohfaser, ein übermäßiger Verzehr von Roggenbrot oder -körnern wegen des hohen Gehalts an löslichen Nicht-Stärke-Polysacchariden zu antinutritiven Effekten und zu einer Schädigung der Mikrobiota und Darmentzündungen. Der Salzgehalt von Brot ist so hoch, dass er im Alleinfutter für Hühnerküken zu erheblichen Verlusten führen würde. Süßes kann Verdauungsstörungen verursachen, wobei für Küken bereits in manchen Broten und Brötchen zu viel Zucker enthalten ist. Verschimmelte Nahrung kann sehr schädlich sein. Weitere mögliche Schäden sind durch Experimente mit kontrolliert gefütterten wilden Wasservögeln (v.a. Stockenten) belegt: Stockenten-Küken, die sich überwiegend von pflanzlicher Nahrung wie Brot und Getreide ernähren, geraten aufgrund eines Mangels an tierischem Eiweiß in Lebensgefahr, weil sie und ihr Gefieder dann kaum wachsen und sie leicht auskühlen. Einseitige Ernährung mit rohfaserarmem Futter führt schnell zu Verkleinerungen der Verdauungsorgane und einer beschleunigten Darmpassage der Nahrung, sodass Anpassungen an die Verdauung natürlicher Nahrung verloren gehen und Probleme bei Lebensraumwechseln drohen. Jungvögel sind anfällig für Schäden durch Salz, da sie es im Gegensatz zu adulten Entenvögeln nur sehr eingeschränkt ausscheiden können. Inwieweit Wasservögel in freier Wildbahn eine Fehlernährung durch die zusätzliche Aufnahme natürlicher Nahrung ausgleichen, ist nicht bekannt. Beobachtungen von Ornithologen und Tierärzten legen nahe, dass es durch den Rohfasermangel im Brot bei massiver Fütterung zu erheblichen Verdauungsstörungen kommt. Weiterhin besteht aufgrund von Beobachtungen an Futterplätzen wilder Wasservögel der Verdacht, dass die Fütterung mit Brot und Getreide bei jungen Gänsen, Halbgänsen und Schwänen ein zu schnelles Wachstum der Handschwingen verursacht und so Kippflügel begünstigt. Weil eine Fütterung von Wasservögeln unnötig ist und wegen der vielen möglichen nachteiligen Folgen sollte nur selten und mit sehr geringen Mengen artgerechter Nahrung an geeigneten Plätzen gefüttert werden. Eine Fütterung von Jungvögeln muss vollständig unterlassen werden.

Hier geht es zur Publikation in Vogelwarte: Auswirkungen der Fütterung von Wasservögeln – eine Argumentationshilfe für Natur- und Tierschutzverbände, Behörden und interessierte Vogelfreunde Teil 2: Auswirkungen von Futter- und Nahrungsmitteln auf die Gesundheit der Wasservögel

Hier findet ihr den ersten Teil der Publikation: Auswirkungen der Fütterung von Wasservögeln – eine Argumentationshilfe für Natur- und Tierschutzverbände, Behörden und interessierte Vogelfreunde Teil 1: Ökologie und Verhalten, Ausbreitung von Krankheitserregern und Bedeutung für die Menschen