Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

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Schlangenadler machen Rast auf dem Kühkopf

Eigentlich steht der Kühkopf zu dieser Jahreszeit für rastende Schreitvögel.

Doch seit dem 22.8. konnten bis letztem Freitag mehrere Beobachtungen von einem Schlangenadler gemachten werden.

Nomen est omen: Schlangenadler ernähren sich hauptsächlich von Schlangen, seltener auch von Eidechsen, Amphibien, Kleinsäugern und Vögeln. Ein Nestling benötigt bis zum Ausfliegen insgesamt etwa 200 bis 270 Schlangen. Diese spezielle Nahrungsgrundlage erklärt das relativ häufige Vorkommen der Art im Mittelmeerraum und in Osteuropa, wo Schlangen noch verbreitet sind, wie auch das seltene Erscheinen in unserem Raum.

Ursprünglich, als es noch ausreichende Reptilienvorkommen als Nahrungsgrundlage gab, war der Schlangenadler auch in Deutschland regelmäßiger Brutvogel. Allein in Hessen wurde vor gut 200 Jahren über Brutgebiete in Spessart, Odenwald und Wetterau berichtet. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es Brutvorkommen in der Oberrheinebene und im Taunus, von wo die letzte Paarbeobachtung aus dem Jahr 1884 datiert. Die großflächtigen Aufforstungen des 19. Jahrhunderts verschlechterten die Bedingungen für seine Beutetiere, zudem wurde die Art durch Abschüsse und das Sammeln von Gelegen stark dezimiert. Nach einer Beobachtung im Jahr 1905 war die Art in unserem Raum über mehr als 80 Jahre vollkommen verschwunden, bis 1991 der erste neuere Nachweis erfolgte. Seither ist eine deutliche Zunahme erkennbar, die mit einer positiven Entwicklung der Brutbestände in Italien und Frankreich einhergeht. In der Schweiz hat sich im Jahr 2012 sogar ein Brutpaar angesiedelt, in den Jahren 2016 und 2017 gelangen dort schon Brutnachweise an insgesamt fünf Orten.

Schlangenadler zählen in Deutschland zu den zwar sehr seltenen, vor allem im Voralpenraum inzwischen aber wieder regelmäßig auftretenden Gästen. In Hessen wurden die eindrucksvollen Vögel zuletzt jeweils einmal in den Jahren 2015 bis 2018 gesehen, 2012 gelangen sogar zwei Beobachtungen. Somit stellen die bislang vier Nachweise in 2020 einen ausgesprochen hohen Wert dar. Auch bundesweit gibt es in diesem Jahr mit Beobachtungen von bisher 38 Orten ein deutlich verstärktes Auftreten. In den Vorjahren stammen Meldungen von 21 bis 27 und im Jahr 2017 immerhin von 31 Orten.

Die erste Beobachtung erfolgte am 22.08. durch Ellen Pippert und konnte am Folgetag von Ernst Achenbach bestätigt werden. Unsere Arbeitskreisleiterin für den Kreis Groß-Gerau machte sich nun heute dann auch auf die Suche nach diesem seltenen Vogel. Wie von einer vorherigen Beobachterin beschrieben, setzte sie sich in die Beobachtungshütte am sogenannten Schlappeswörth. Tatsächlich kreiste (pünktlich zur „Adlerzeit“, wenn die Thermik passend ist) gegen 10.15 Uhr ein Schlangenadler, der von schimpfenden Mäusebussarden verfolgt wurde. Nach einem Suchflug schoss der Adler pfeilartig vom Himmel hinab und das Schauspiel war nach wenigen Minuten vorbei. Doch bei der Durchsicht der entstandenen Fotos wurde klar, dass dieses Individuum nicht das Gleiche ist, wie der an den vorherigen Daten beobachtet wurde. Das Alter der beiden Schlangenadler ist unterschiedlich, was man an dem Federkleid erkennen kann.

Nun bleiben viele Fragen offen – sind noch beide Vögel im Gebiet? Kennen sie sich? Wurde der Jüngere bei seiner Zugbewegung von dem Älteren angezogen? Wo kommen sie her? Was genau hält sie am Kühkopf? Was fressen sie aktuell?

Doch nur die Adler kennen alle Antworten...

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