Turteltaube gesucht!
Heute melden wir uns mit zwei Erfassungsprojekten, bei denen wir auf Ihre und Eure Unterstützung angewiesen sind.
Bei beiden Projekten handelt es sich um sehr attraktive Vogelarten, deren aktuelle Bestandssituation wir erfassen wollen. Eine Mitarbeit ist ohne größeren Aufwand leicht auch für Einsteiger im Rahmen weniger Morgen- bzw. Abendspaziergänge möglich, so dass wir uns eine möglichst breite Beteiligung erhoffen. Es handelt sich um die beiden folgenden Arten:
- Turteltaube (Streptopelia turtur)
- Waldohreule (Asio otus)
Hier geht es zur Waldohreule.
Erfassungsprojekt Turteltaube
Bestandsrückgänge und Rückgangsursachen
Die Europäische Turteltaube ist innerhalb der letzten Jahrzehnte europaweit von einer häufigen Vogelart zur gefährdeten Art geworden. Die Bestandserfassungen in Europa haben fast überall starke Rückgänge aufgezeigt, und auch in Deutschland ist der Brutbestand seit 1980 um fast 90 Prozent gesunken. Die Arbeitsgruppe von Prof. Petra Quillfeldt an der Universität Gießen, mit der die HGON intensiv zusammenarbeitet, untersucht seit Jahren den dramatischen Rückgang der Art. Ursache dafür sind neben einer hohen Mortalität während der Zugzeit vor allem der Verlust geeigneter Brut- und Futterflächen aufgrund von Veränderungen in der landwirtschaftlichen Flächenbewirtschaftung im Brutgebiet. So konnte in einer Erfassung im Wetteraukreis in Hessen (Kleemann & Quillfeldt 2014) gezeigt werden, dass die Art im zentralen, intensiv bewirtschafteten Bereich der Wetterau vollständig verschwunden ist, und sich nur in den Randbereichen der rundum liegenden Bergländer halten konnte. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft sind Nahrungs- und Trinkstellen seltener verfügbar. Ackerwildkräuter, von denen sich die Turteltaube hauptsächlich ernährt, sind durch Herbizideinsatz stark rückläufig und chemisch behandeltes Saatgut kann, da es in die Gewebe gelangt (Lennon et al. 2020), die Samenfresser vergiften oder in ihrer Kondition beeinflussen. In Deutschland brüten nur noch bis zu 22.000 Paare.
Gegen exzessive Verluste durch die Jagd auf dem Zug ist derzeit ein Moratorium verhängt und wird eine langfristige, an die Populationstrends angepasste Begrenzung der Jagd von der EU Kommission umgesetzt (derzeit in Vorbereitung). Die Zeit ist daher günstig, jetzt die verbleibenden Populationen durch geeignete Maßnahmen im Brutgebiet zu unterstützen.
Die Turteltaube in Hessen
Die Bundesländer, welche nach den Bestandsdaten von 2005-2009 noch einen bedeutenden Bestand hatten, tragen dabei eine besondere Verantwortung für die Brutpopulation in Deutschland. Nach den Bestandsdaten des DDA wären die Länder mit der obersten Priorität Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt, gefolgt von Bayern, Nordrhein-Westfahlen und Sachsen. Als erstes Bundesland ist derzeit ein Pilotprojekt zu speziellen Agrarumweltmaßnahmen für Turteltauben in Hessen in der Planung, welches im Spätsommer beginnen soll und von der Arbeitsgruppe um Petra Quillfeldt initiiert wurde. Die vier Landkreise Vogelsbergkreis, Lahn-Dill-Kreis, Landkreis Gießen sowie der Wetteraukreis haben dabei ihre Mitarbeit zugesagt und sind an der Planung beteiligt. Für eine rasche und erfolgreiche Umsetzung dieses Pilotprojekts sind möglichst viele aktuelle Nachweise der Art notwendig, um gezielt Landwirte in den Brutgebieten anzusprechen. Durch die Mitarbeit an diesem Projekt können alle Naturinteressierte einen einfachen, aber effektiven Beitrag zum Schutz der stark bedrohten Turteltaube leisten!
Monitoring
Daher bitten wir um Mitarbeit beim diesjährigen Turteltauben-Monitoring. Die Mitarbeit kann über folgende Wege erfolgen: Landesweit sollten Beobachtungsorte von Turteltauben der letzten Jahre gezielt auf eine aktuelle Besiedlung hin mit derselben Methode untersucht werden. Hier können alle Beobachter*innen mitmachen, die in den letzten 10 Jahren rufende Turteltauben notiert haben. Speziell in den vier Landkreisen Vogelsbergkreis, Lahn-Dill-Kreis, Landkreis Gießen und Wetteraukreis schlagen wir darüber hinaus die Bearbeitung von insgesamt 100 Probeflächen vor. Etwa die Hälfte dieser Flächen hatte ältere Nachweise (im Zeitraum 2011-2015), und die andere Hälfte sind Flächen, welche nach einer Habitatmodellierung (Marx & Quillfeldt 2018) für die Art sehr gutes Habitat im Bezug auf Klima, Terrain und Vegetationsstruktur bieten, die aber etwas abseits der üblichen Beobachtungsgebiete liegen. In diesen Probeflächen sollen insbesondere Waldränder und –lichtungen und Bereiche mit größeren Gehölzen im Juni morgens (am besten bis ca. eine Stunde nach Sonnenaufgang) oder abends (18 bis 21 Uhr) besucht und nach rufenden Turteltauben verhört werden. Interessierte, die in diesen vier Landkreisen Probeflächen bearbeiten wollen, sollten sich unter stefan.stuebing@hgon.de abstimmen, damit es nicht zu Doppelbearbeitungen derselben Flächen kommt.
Die Beobachtungen sollten in ornitho eingetragen werden, auch die besonders wichtigen Nullnachweise (mit der Anzahl 0 und dem Brutzeitcode E99).
ornitho-Newsletter
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